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Homeschooling - Woche 6: neue Herausforderungen

Zum Glück nur eine kurze Woche* - und doch einige neue Herausforderungen im Homeschooling.

* Dienstag Feiertag und Montag Brückentag

 

Erstens: Ich soll jetzt in Video-Konferenzen Musik unterrichten! UFF, das hat mich echt gestresst! Wenn mich jemand gefragt hat, wie's denn bei uns so läuft mit dem Homeschooling, dann konnte ich bisher sagen: Ganz gut. Denn ich habe nicht viel anderes gemacht, als meinen Kindern zu helfen, die Video-Konferenzen zu organisieren, Kontakt mit den Lehrern der Kinder zu halten, Lindas Bespaßung zu organisieren, Musik-Videos zu drehen, die ich meinen Musik-Schülern online gestellt habe usw. Dazu kam, dass mit der großen Familie zu Hause ja ständig Essen rangeschafft werden muss, gekocht, gespült, Wäsche gewaschen, aufgeräumt usw. Dazu die Kinderbespaßung, wenn ihnen wieder mal die Decke auf den Kopf fällt nach so langer Zeit zu Hause. Also kurz gesagt, gelangweilt habe ich mich nicht in den letzten Wochen und im Vergleich war das Musiklehrerdasein in der Schule ein gemütlicher Job dagegen.

 

Nun muss ich natürlich ehrlich zugeben, dass ich bei der vielen Arbeit der letzten Wochen nur einen kleinen Teil meiner Arbeitskraft für die Schule eingesetzt habe, doch wie ich finde in einem vernünftigen Format. Die Schüler hatten jede Woche was Interessantes zu tun, etwas, was ihnen von normalen kopflastigen Homeschooling-Alltag eine musikalische Abwechslung geboten hat.

 

Doch dann kam die Anweisung der Grundschulleitung, dass ich künftig meinen Klassen jede Woche 20 Minuten Musik-Einheit per Video-Konferenz anbieten soll. Ich habe versucht, mehrmals vernünftig zu argumentieren, dass man über Video-Konferenzen nicht miteinander musizieren kann, doch vergeblich. Dann hat die Grundschulleitung beschlossen, dass ich auch für Klassen, die ich vorher gar nicht hatte, Video-Konferenzen anbieten soll. Daraufhin habe ich versucht, mich zu weigern (alle Schulleitungen mögen mir das vergeben), weil ich den Sinn darin nicht gesehen habe, und außerdem mit so etwas Unperfektem wie Musikunterricht online mit einer neuen Klasse arbeiten wollte. Schließlich bekam ich eine deutliche mail von der Grundschulleitung, dass diese Aufforderung keine Bitte sondern eine Dienstanweisung wäre. Das hätte mich so nicht weiter gejuckt, denn ich fühle mich hier einigermaßen frei, meine Entscheidungen so treffen zu können, wie ich das für richtig halte. Dennoch habe ich beschlossen, eine Woche lang als Versuchskaninchen zu dienen, um dann der Grundschulleitung sagen zu können: funktioniert nicht!

 

So habe ich mich also am Dientag mit "Zoom" beschäftigt, meinen Arbeitsplatz aufgeräumt, eine 20-Minuten-Einheit geplant, Meetings organisiert und an meine Schüler geschrieben. Um Mitternacht war ich damit fertig. Und dann saß ich Mittwoch Mittag ab 12:30 am Computer vor meiner Kamera und habe meine Klassen wiedergetroffen. Alles hat einigermaßen gut geklappt, ich habe mich total gefreut, die Schüler wieder zu sehen, die haben sich gefreut, mich zu sehen und wir hatten 20 Minuten Spaß miteinander. So habe ich 4 Klassen hintereinander getroffen, am Freitag wieder, und am Montag auch. Ich kann nun der Schulleitung gegenüber also gar nicht argumentieren, dass es nicht funktioniert oder nicht gut angenommen wird, denn es waren zum Teil 18 von 20 Schülern anwesend. Natürlich habe ich die Konferenz gleich so konzipiert, dass es klappen kann. Wir machen also nicht wirklich gemeinsam Musik, sondern ich mache, schalte die Schüler auf stumm, und jeder einzelne kann zu Hause mit mir mitmachen. Das geht so also ganz gut. Vorausgesetzt, das Internet spielt mit! Was bei der Auslastung in unserem Haus zur Zeit keine Selbstverständlichkeit ist. Freitag musste ich während der ersten Konferenz umziehen, weil an meinem Arbeitsplatz gar nichts ging. Doch nun hat unser privater Techniker in Krisenzeiten (= Markus) ein paar Meter Leitungen verlegt und mich direkt ans Kabel angeschlossen. Nun sollte das also auch gehen. Schön also, neben Familien-Organisator jetzt auch wieder Lehrerin im Schülerkontakt zu sein. Und die Zeit, die ich dafür brauche, muss ich eben woanders her stehlen...

 

Zweitens: Langsam werde ich misstrauisch, wenn Niklas vormittags gemütlich im Bett liegt und liest und behauptet, die Lehrer hätten wieder keine Arbeit geschickt. Ich nehme mit also Zeit und schreibe alle Lehrer an, die Niklas im Unterricht hat. Nach und nach treffen die Rückmeldungen ein und meine schlimmsten Befürchtungen werden wahr. Seit Anbeginn der Homeschooling-Zeit hat sich Niklas immer mehr aus dem Unterrichtsalltag zurückgezogen. Er nimmt kaum an Konferenzen teil, schickt keine Hausaufgaben ein und macht keine online-Tests. Nur ein Lehrer gibt uns die schöne Rückmeldung: "ich kann überhaupt nicht Klagen über Niklas. Bei der Zoomkonferenz hat er sich sofort eingebracht".

Nach einem ausführlichen Gespräch mit Niklas ist immer noch nicht ganz klar, ob er mit der neu gewonnenen Freiheit tatsächlich nicht umgehen kann und einfach mehr Hilfe beim Organisieren braucht oder ob er einfach keinen Bock hat und die Gelegenheit ausgenutzt hat. Wie auch immer, jetzt muss er ordentlich was nachholen. Ich setze mich am Wochenende mit ihm zusammen und wir schreiben einen Arbeitsplan, der eine ganze DinA 4-Seite einnimmt, wo die ganzen Nacharbeiten draufstehen. Nun muss er jeden Tag die aktuellen Aufgaben erledigen und auch einiges an NAcharbeit. Da er viele Konferenzen und auch Nachrichten einfach verpasst und überlesen hat, ist auch nicht ganz klar, wie und bis wann die Examens-Ersatzleistungen bearbeitet werden müssen. Er bekommt von mir den Auftrag, bei jedem Lehrer noch einmal nachzufragen. Zum Glück zeigen die sich kooperativ und so kann die Aufarbeitung beginnen...

 

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