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Lehrerin an einer deutschen Schule: eine besondere Erfahrung für Almut

Mein Stundenplan ist gut gefüllt: 26 Stunden Unterrichtsverpflichtung bedeuten jeden Tag bis 1 Unterricht, Team-Sitzungen und Besprechungen füllen die Lücken und die siebten Stunden aus. Montags ist immer Konferenz bis um 4 und dann gibt es noch die ganzen extra Sitzungen und Verpflichtungen...

Ich unterrichte vier Stunden DaF (Deutsch als Fremdsprache) jeweils in der ersten, zweiten und dritten Klasse. Dabei sind die drei Klassen auf vier Lerngruppen aufgeteilt, so dass die Deutsch-Gruppen nur zwischen 15 und 19 Schülern groß sind. Außerdem gebe ich zwei Stunde Sachkunde und drei Stunden Freiarbeit mit meiner ecuadorianischen Kollegin in meiner 1C. Und dann habe ich noch 8 einzelne Musikstunden jeweils in der ersten, zweiten und vierten Klasse.

Ihr seht also: Die Tage sind damit schon ganz schön voll und für mich ist es eine ganz neue Erfahrung, als Fachlehrerin von Klasse zu Klasse zu wandern. Apropos "wandern": der Stundenplan sieht keine "Wanderzeiten" vor. Die erste Stunde geht nahtlos in die zweite über, die dritte ohne Pause in die vierte und auch zwischen fünfter und sechster Stunde existiert keine Pufferzeit zum Klassenzimmerwechsel. Nun bin ich aber als Lehrkraft verpflichtet, meine Klassenzimmer immer zuzuschließen, wenn ich sie verlasse. Also muss ich mindestens 5 Minuten früher Schluss machen, damit die Schüler zusammenpacken und das Klassenzimmer verlassen können, ich schließe dann ab und wandere zur nächsten Klasse. Dort dauert es 10 Minuten, bis alle Schüler da sind, ich die Kinder soweit organsiert habe, dass alle still sind, ihre Materialien in der Ecke des Pultes bereit liegen haben und alle Spielsachen aus der Hand gelegt haben. Bleiben also noch 30 Minuten für den aktiven Unterricht.

Hier in Ecuador und besonders an der deutschen Schule haben wir aber besondere Schülerverhältnisse. Die meisten Kinder sind von reichen Eltern (sonst könnten sie auch die hohen Schulgebühren nicht bezahlen!), die zu Hause meist auch eine Hausangestellte haben, die ihnen alles abnehmen. Die Folge ist oft: Diese Schüler können nicht richtig zuhören, wenig selbstständig arbeiten oder sich zuwenden und wahrnehmen, dass ein Lehrer - will sagen eine „Autoritätsperson“ vor ihnen steht. Von der aktiven Unterrichtszeit bleibt also nicht mehr viel übrig, wenn ich jedem einzelnen Schüler extra Anweisungen geben muss, seinen Stift in die Hand zu nehmen, sein Heft zu öffnen und das Arbeiten anzufangen. Alles dauert doppelt so lang. Der Vorteil: Ich bereite Anfang der Woche zwei Unterrichtsstunden vor und unterrichte von dieser Planung mindestens vier mal. So muss ich ganz neue Strategien entwickeln: ich bin dazu übergegangen, den Schülern eine Sanduhr vor die Nase zu stellen, Tafelanschriften schrittweise zu erstellen und im gleichen Zug von oben her wieder wegzuwischen, damit die Schüler schneller die Tafel abschreiben. Was nach zwei Stunden nicht fertig ist, muss in der Freiarbeit als Laufdiktat fertig gemacht werden. (Tolle Freiarbeit, nicht? ;-) )

Auch Gesprächskultur gibt es bisher in diesen Klassen wenig. Die Kinder scheinen nie erfahren zu haben, dass man sich gegenseitig aktiv zuhört, oft habe ich den Eindruck, dass die Mitschüler oder ich gar nicht wahrgenommen werden. Alle reden gleichzeitig, wenden sich ab, beschäftigen sich mit anderen Dingen. So gibt es viel zu tun hier bis ich meine freien pädagogischen Ideen verwiklichen kann. Momentan versuche ich erst mal in jeder Stunde, wichtige Regeln des gemeinsamen Arbeitens einzuüben. Manchmal dauert das auch die ganze Stunde:
So habe ich mit der 2C in der ersten Musikstunde nichts anderes gemacht, als zu üben, den Weg vom Klassenzimmer zum Musiksaal ruhig und geordnet zurückzulegen. Das klappte dann in der zweiten Stunde schon besser. Doch das Bilden eines Sitzkreises war fast unmöglich. So haben wir eben wieder eine Stunde lang geübt, ruhig und geordnet einen Sitzkreis zu machen. Mal sehen, was wir morgen üben werden... ;-)
In der 2B dagegen trainieren wir vom Spielplatz ins Klassenzimmer zu kommen, wenn sich die Lehrerin (also ich ) nähert. Auch das klappte schon beim zweiten Mal besser. 

Ihr seht also, dass ich momentan viel zu tun habe um meine Vorstellungen zu verwirklichen. Noch habe ich Energie und große Ideen zur Schulentwicklung, gleichzeitig ist das schon eine große Herausforderung, zumal ich ja seit Niklas Geburt (also mehr als 13 Jahre) nicht an einer Schule gearbeitet habe.

Leider wird hier zudem die Energie der Lehrer durch unendliche Versammlungen zu allen möglichen Themen aufgebraucht. Oft kommt dabei gar nicht so viel heraus. Das ist echt schade. Jeden Montag ist Nachmittags 1½ Stunden Gesamtkonferenz. Dienstag ist Weltwissenhaus-Treffen, Mittwoch Gruppe Sachunterricht, Donnerstag Freiarbeit, Freitag erst DaF-Treffen und dann noch Grundschulkonferenz. Ein wenig viel Zeitverschwendung wie ich finde – diese Zeit würde ich viel lieber in Unterrichtsplanung und damit in die Schüler stecken, oder sie mit meiner Familie verbringen. Mal sehen wie das weitergeht. Ich gebe mein Bestes!

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Kommentare: 1
  • #1

    Andreas Detterbeck (Sonntag, 30 September 2018 03:21)

    Na, das hört sich ja echt spaßig an ;-)