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Almuts erster Schultag

Ich bin Co-Klassenlehrerin in der 1C und empfange am 2. Schultag zusammen mit Silvia Pacheco die neuen Erstklässler. 25 aufgeregte Erstklässler, die sich mit weiteren 50 anderen auf dem überdachten Sportplatz treffen, um in ihre Klassen eingeteilt zu werden. Der Schulleiter hält eine Rede, stellt uns neue Lehrer vor und überreicht uns eine kleine Schultüte mit Schokolade. Eine nette Idee. Anschließend gibt es ein bisschen Musik, der „Chor“ steht schüchtern vorne auf der Bühne, versteckt sich hinter Liedblättern und bewegt zu Musik und Gesang aus der Konserve den Mund. Nun kommt die Verteilung der Erstklässler – alles geht entgegen der Erwartungen reibungslos von statten. Jeder Schüler findet seine Klasse, wird im Block zusammengesetzt und darf noch eine Glückspendende Fee und ein Instrumentalstück von einem Knirps am Klavier über sich ergehen lassen. Nun sollen die Klassen zu ihrem Klassenzimmer gehen und das Chaos beginnt: Übereifrige Eltern stürzen sich auf ihre Kinder, um noch mehr oder weniger schnell Fotos von ihren Erstklässlern zu schießen. Dabei verteilen sie die Kinder über den ganzen Sportplatz, und ich frage mich, wie diese je wieder den Anschluss an ihre Klasse finden sollen. Unbeirrt davon schreiten die Erstklasslehrerinnen mit den wenig verbliebenen Schülern voran. Ich versuche noch ein paar Shooting-Stars zusammenzutreiben, habe jedoch bald den Überblick verloren und folge resigniert der 1C zu ihrem Klassenzimmer. Der Weg dorthin ist gesäumt mit älteren Klassen, die laut rasselnd und „Bienvenido“-rufend die Erstklässler willkommen heißen. Im Klassenzimmer suchen sich die Kinder einen Platz, wir nehmen ihnen die Schultüten ab und dann beginnt einer der langen Lehrervorträge, von denen noch viele folgen werden.

Als es zur Pause läutet verlässt die Lehrerin mit einem Teil der Schüler das Klassenzimmer, um in die Mensa zu gehen, wo die Eltern dieser Schüler für ein zweites Frühstück bezahlt haben. Ich verbleibe mit dem Rest der Klasse im Zimmer, einer packt sein Pausenbrot aus, die anderen werden durch die Fenster von ihren besorgten Eltern beobachtet. Dann beginnt der Ansturm auf den Kiosk, wo die Eltern für Ihre hungrigen Kinder Pommes mit Ketchup, Sandwiches oder Eis kaufen und ihnen ins Klassenzimmer bringen. Daraufhin werde ich in Elterngespräche verwickelt, einige packen ein paar Deutschkenntnisse aus, und die ersten Eltern versuchen ihre Kinder mitsamt der Schultüten aus dem Klassenzimmer zu entführen. Meine Versuche, verständlich zu machen, dass der Schultag noch weitergeht, sind vergeblich und versanden im Sprachnotstand. Zum Glück kommt gerade die Lehrerin zurück und erklärt den Eltern, dass es noch weitergeht. Während die Eltern vor den Fenstern stehen und ungeduldig mit den Hufen scharren gibt die Lehrerin drinnen auf, die Schüler für Schule begeistern zu wollen, und schickt sie eine dreiviertel Stunde vor geplantem Unterrichtsende zu den Eltern nach draußen. Diese schießen wieder Fotos vor dem Klassenzimmer, mit den neuen Klassenkameraden, mit der neuen Lehrerin, mit mir... Und dann haben wir es für diesen Tag geschafft. In dieser Klasse werde ich Deutsch unterrichten, eine Stunde Musik und 2 Stunden Sachkunde auf Deutsch und drei Stunden Freiarbeit im Tandem mit der Klassenlehrerin.

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